Sonntag, 20. März 2016

Besuch beim Papst

Zu den bekanntesten Sehenswürdigkeiten des kleinsten Landes der Welt gehört sein Boss: Man sieht ihn ja oft in den Nachrichten, den Papst Franziskus, aber es ist auch gar nicht so schwer, ihn im Vatikan mal höchstpersönlich zu Gesicht zu bekommen. Gleich zweimal war ich zu unterschiedlichen Anlässen bei ihm - zusammen mit tausenden anderen Menschen aus aller Welt. Da brauch man gar kein Katholik sein, ein interessantes Erlebnis ist es trotzdem.

Wer in Rom ist und mal den Papst sehen möchte, hat dazu in der Regel zwei Möglichkeiten: Sonntags findet auf dem Petersplatz immer das Angelusgebet statt, bei dem er von seinem Fenster aus zu den Leuten spricht. Mittwochs gibt es dann eine große Generalaudienz.
Wie genau man sich das alles vorzustellen hat, seht ihr im Folgenden.


Das Angelusgebet
Sonntags, kurz vor 12: Der Petersplatz ist gerappelt voll. Pilger und Gläubige aus aller Welt haben sich versammelt und warten. Viele haben Flaggen ihres Landes oder heilige Gegenstände mitgebracht. Und da wir uns im Jahre 2014 A.D. befinden, haben natürlich noch viel mehr Leute Handy oder Kamera dabei. Ich ja auch.
Als die Zeit näher rückt, schauen alle nach Norden und haben ein Verhältnismäßig unscheinbares Fenster am Rande des Platzes im Blickfeld:


Nach einer Weile öffnet sich das Fenster und ein weinrotes Tuch wird ausgerollt. Ein Raunen geht durch die Menge... Und wieder passiert erstmal nichts. Ein paar Minuten vergehen. Aber schließlich weicht das angespannte Warten geradezu ungezügelter Begeisterung, als da plötzlich eine weiß gekleidete Gestalt am Fenster erscheint. Der Star des Tages ist da, schaut aus dem Fenster seiner Wohnung und sein Fans jubeln, was da Zeug hält.



Die Bilder sind jetzt herangezoomt, aber von weitem sieht der große Pontifex überraschend klein aus. Vorher denkt man, er dürfte fast das ganze Fenster ausfüllen, aber Pustekuchen... Das Gebäude ist so pompös, dass man die Dimensionen völlg falsch einschätzt. Jedenfalls ist dann da so ein kleiner weißer Punkt und sagt erstmal buongiorno, also schlicht und ergreifend: "Guten Tag!"


Und das ist gar nicht mal so gewöhnlich, wie es im ersten Moment klingt. Eigentlich ist es für einen Papst viel zu lapidar, seine Leute einfach so direkt mit einem italienischen "Guten Tag" zu begrüßen.   Aber dieser hier hält im Vergleich zu vielen seiner Vorgänger eher wenig von starrer Form und Status, hat sich als Jesuit der Bescheidenheit verschrieben. Überhaupt ist bei ihm alles ein bisschen anders, seien es seine vielen Reisen und Besuche in aller Welt, die offene Kritik an geistlichen Würdenträgern und wahrscheinlich noch viele andere Dinge, die ich als Außenstehender gar nicht einordnen kann.
Wie dem auch sei, die Leute sind jedenfalls begeistert, jubeln ihm zu und freuen sich, dass er zumindest auf den großen Bildschirmen gut zu erkennen ist. Manche lassen selbstgebastelte Rosenkränze aus Luftballons steigen. Nach dem Gebet spricht der Papst noch ein paar Worte zum aktuellen Weltgeschehen und erteilt der gesamten anwesenden Menge seinen Segen.

 Hier sehen Sie den Pontifex, wie er nach einem mysteriösen schwarzen Quadrat greift.

Die Generalaudienz
Wem der Papst hier zu weit weg war, der hat Mittwochs noch die Gelegenheit, zur Generalaudienz zu kommen. Die findet immer vormittags um 10:30 statt: Bei gutem Wetter auf dem Petersplatz, sonst in der Audienzhalle. Aber natürlich nur, wenn Franziskus nicht gerade auf Dienstreise ist.
Offiziell muss man dafür eine (kostenlose) Eintrittskarte beim deutschen Pilgerbüro bestellen, und zwar nach Möglichkeit zwei Wochen vorher. Wenn die Veranstaltung aber im Freien stattfindet, stehen die Chancen gut, dass man auch ohne Karte reinkommt. Voll wird es trotzdem, denn die Zahl der Pilger hat sich seit der Wahl von Papst Franziskus verdreifacht.
Frisch verheiratete Paare können sich besonders gute Plätze sichern, ebenso Fuß- und Radpilger, die über 100 Kilometer angereist sind. Da liege ich inzwischen zwar sehr weit drüber, aber mir fehlt ein Pilgerausweis. Trotzdem bin ich mit meinem Platz ganz zufrieden.


Diesmal kann man sitzen. Vor mir sind drei Reihen mit irgendeiner Frauenvereinigung aus Nigeria gefüllt, die bunt gekleidet ihre Fähnchen schwenkt. Direkt davor ist eine der abgesperrten Gassen, durch die schließlich der Papst auf einem seiner Papamobile kutschiert wird.



Nachdem er kreuz und quer durch die Menge gefahren ist und hier und da noch ein Kind mit einem Kuss aufs Haupt gesegnet hat, nimmt der Papst schließlich vor der Fassade des Petersdoms Platz. Jede Woche spricht er zu einem anderen Thema. Zuerst auf Italienisch, danach geben seine Kardinäle noch Zusammenfassungen in anderen Sprachen wieder. Ich höre Englisch, Deutsch, Portugiesisch, Arabisch und Polnisch... Seine Muttersprache Spanisch übernimmt er selbst.
Viele Worte und Pilgerbegrüßungen später wird schließlich von allen Anwesenden das Vaterunser in der Amtssprache des Vatikans - also Latein - gesungen und es gibt wieder den apostolischen Segen für alle.

Muss auch ein Riesenaufwand sein, die tausenden Stühle jedesmal auf- und wieder abzubauen...

Was es sonst noch zu sehen gibt
Wenn der ganze Trubel dann vorbei ist und man schon mal hier ist, im kleinsten Land der Welt (0,44km²), kann man sich auch noch ein wenig weiter umsehen. Aber nicht zu neugierig sein, sonst bekommt man Ärger mit denen hier:


Zwei Herren von der Schweizer Garde, die auch bei der Generalaudienz mit aufpasst.
Wachablösung ist um 11.

Problemlos hereinspazieren kann man allerdings in den Petersdom, die größte Kirche der Welt:





Eintritt ist kostenlos, nur für die Aussicht von der Kuppel muss man bezahlen.
Für die meisten anderen Sehenswürdigkeiten des Vatikans wie die vatikanischen Gärten, die sixtinische Kapelle und die Katakomben mit dem (angeblichen?) Petrusgrab braucht man aber ebenfalls Karten, die man sich am besten schon einige Zeit vorher reserviert.
Einfacher haben es die Herren Briefmarkensammler, die haben ihr Postamt draußen auf dem Platz.


Eigene Münzen mit Papst gibt's auch; die hier hatte ich vor ein paar Tagen in Bagnoregio gefunden.

Das wär's dann eigentlich auch schon gewesen. Hier noch die Staatsgrenze:

Hinter dem Zaun liegt Italien...

Und zu guter Letzt: Die Fassade des Petersdoms bei Nacht. Der gute Jesus hätte sicher nie geahnt, dass er und seine zwölf Kumpels mal in einem fernen Land als riesige Steinfiguren über den Dächern thronen und angestrahlt werden...

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