Mittwoch, 13. April 2016

Sieben Tage und Nächte in Rom


Bilder mit diesem Symbol wechseln zwischen Tag und Nacht, wenn ihr die Maus drüber haltet oder sie antippt. Für den Ausgangszustand wieder daneben tippen.

[25. - 31. Oktober 2014] Endich bin ich da: In Rom! Die ewige Stadt auf den sieben Hügeln markiert die Halbzeit auf meinem Weg durch den italienischen Stiefel. Einst war hier das Zentrum eines gewaltigen Imperiums, das sich von Großbritannien bis Ägypten erstreckte; heute liegt hier das Zentrum der katholischen Welt. Eine Stadt zwischen antiken Säulen und prunkvollen Kirchenbauten, die so reich an Geschichte ist, wie wohl kaum eine andere. Grund genug, für eine Woche hier zu bleiben. Brauche sowieso mal wieder 'ne Pause...

Samstag, 25. Oktober 2014
Für die Nacht hatte ich ein verstecktes Plätzchen am nördlichen Stadtrand zum Zelten gefunden, heute geht's rein in die Stadt. Auf einer Brücke sehe ich links und rechts Säulensockel mit den Namen aller möglicher Orte, die auf meinem Weg passiert habe. Rimini, Poggibonsi, Siena, Bolzena... alle da und mit römischen Zahlen versehen, die die Entfernung anzeigen. Wie ein Triumphzug in die große Hauptstadt, der alle Erlebnisse der letzten Wochen noch einmal Revue passieren lässt...  Weiter hinten sind dann ein paar süditaliensche Orte eingraviert. Napoli, du bist als nächstes dran.

Am Bahnhof habe ich eine Verabredung mit Jens, dem Weltreisenden, den ich in San Marino kennen gelernt habe. Pünktlich sein gestaltet sich schwierig, da mir kurz vorm Ziel irgendeine Großdemo sämtliche Wege versperrt. Und versucht man's eine Straße weiter, sind sie auch schon da. Hilft nix, muss ich halt mitten durch.


Schließlich finde ich doch noch einen Weg zum verabredeten Punkt. Jens ist schon einen Tag eher angekommen und hat die letzte Nacht in einem Hostel verbracht. Ab morgen ist sein Freund Georg auch in der Stadt, der uns beide in seiner Ferienwohnung beherbergen kann. Für heute gibt Jens mir einfach spontan eine Nacht im Hostel aus, denn er ist gerade flüssig und tut Gleichgesinnten gern mal was Gutes. Brot und eine Bolognese schenkt er mir auch gleich noch. Heute ist ein guter Tag.

Er macht sich wieder auf den Weg, morgen wollen wir uns dann wiedertreffen. Nach dem Einchecken belege ich gleich erstmal die Steckdosen im Aufenthaltsraum, trockne mein Zelt auf dem Balkon und freue mich über diese ganzen "Selbstverständlichkeiten", die ich schon lange nicht mehr hatte. Schnelles Internet und eine Küche zum Beispiel. Oder Essen, das man sich nur nehmen brauch. Sind noch genug Croissants, Müsli und Saft vom Frühstück übrig und abends gibt's immer eine All-you-can-eat-Pizza-Party, die im Preis inbegriffen ist.


Im Aufenthaltsraum komme ich mit einer Chinesin namens Yuting ins Gespräch, weil sie die gleiche Kamera hat wie ich. Sie macht gerade mit ihrem "Bro" eine Städtetour in Europa. Die meisten anderen im Raum bleiben derweil lieber für sich und machen ihren eigenen Kram... wie ich bisher den ganzen Tag ja auch. Jeder sitzt vor irgendeinem Buch oder Bildschirm, Ruhe herrscht.
Das ändert sich, als ein Brasilianer namens Gustavo hereinspaziert kommt und einfach mal alle anquatscht. Irgendso einen Experten scheint es wohl immer zu geben, der die Leute nervt und zu irgendwas zu motivieren versucht... Stellt sich raus, dass dies der Bro ist, mit dem Yuting reist und er letztendlich genau das Richtige tut: Denn am Ende hat er eine Truppe von 5 Leuten (inklusive meiner Wenigkeit) zusammengetrommelt, die sich gut verstehen. Morgen wollen wir zusammen durch Rom ziehen.
Die Nacht verbringe ich seit langem mal wieder frisch geduscht in einem Bett. Und da dieses Wochenende Zeitumstellung ist, kann ich sogar eine Stunde länger schlafen. Na ja, zumindest theoretisch, denn der eine Typ am anderen Ende des Zimmers schnarcht wie ein Walross.

Sonntag, 26. Oktober 2014
Unsere Gruppe macht sich auf in den Vatikan, um den Papst beim sonntäglichen Angelusgebet aus dem Fenster gucken zu sehen. Neben Yuting und dem lebhaften Gustavo mit dabei: Ein blondes Mädchen namens Fanny aus Kanada (Québec) und ein Ryan aus Florida, dessen schottische Abstammung man ihm an seinem Dreitagebart ansieht, für den ich wohl einen ganzen Monat bräuchte.
Das Gebet ist erst mittags, also sehen wir uns noch ein wenig um. Am letzten Sonntag des Monats gibt es vormittags immer kostenlosen Eintritt in die vatikanischen Museen und die sixtinische Kapelle, die vor allem für Michelangelos Deckengemälde bekannt ist (u.A. Die Erschaffung Adams). Allerdings bedeutet kostenloser Eintritt auch lange Schlangen...

Auf dem Bild sieht man schätzungsweise 13,08% der Schlange und es ging in zehn Minuten gerade mal einen Meter vorwärts. Rein rechnerisch würde man morgen noch hier anstehen, also gehen wir lieber einen Kaffee trinken und sichern uns danach rechtzeitig eine gute Stelle auf dem Petersplatz.

Blick auf den Petersplatz


Mehr zum Angelusgebet und einer Generalaudienz am Mittwoch gibt's in einem eigenen Artikel: Blogpost: Besuch beim Papst

Nach der Begutachtung des Pontifex gehen wir Mittag essen (ein Pärchen aus Mailand hat uns in die nächste Pizzeria geschleppt) und streunen noch ein wenig in der Innenstadt rum.




 Hey, die Schildkrötenformation! Kenne ich aus Asterix.

Wo auch immer sich Touristen rumtreiben, sind auch Stände mit Souvenirs zu sehen. Kalender mit dem Papst, Legionärshelme aus Plastik und viele andere Dinge, die man unbedingt braucht. Sogar Kühlschrankmagneten mit Bud Spencer und Terence Hill... Richtig, die beiden sind ja Italiener.
Terence heißt eigentlich Mario und kommt aus Venedig, während Buddy ein Carlo aus Neapel ist.

Schließlich mache ich mich alleine auf den Weg zum Hostel, muss noch auschecken und mich dann wieder mit Jens treffen. Er schlägt das Kapitol im Zentrum als Treffpunkt vor, werde ich irgendwie schon finden.
Was ich hingegen irgendwie nicht finde, ist das Hostel. Verdammt, ich habe weder die Stelle im GPS markiert, noch mir den Namen gemerkt. Schwerer Fehler. Steht der Name auf meiner Schlüsselkarte fürs Zimmer? Auch nicht... Mein Orientierungssinn ist eigentlich recht gut, aber da ist eben gerade kein Hostel, wo eigentlich eins sein sollte. Uff.
 Was tun? Jens anrufen und nach dem Namen fragen. Habe zum Glück gerade noch genug Geld auf dem Handy. Dann in den nächten Laden gehen und den Inhaber fragen, ob er das Hostel kennt. Er ist freundlich und googelt die Adresse auf seinem Tablet.
Letztendlich lag mein Gedächtnis gar nicht so weit daneben, aber der markante Eingang in den Hinterhof, den ich mir gemerkt hatte, war inwzischen von einem sperrigen Tor verschlossen. Der Name des Hostels steht nur ganz klein an einer der Klingeln, sonst nirgends. Aber ist ja nochmal gut gegangen.

Nach dem Auschecken habe ich das Fahrrad wieder und mache ich mich auf den Weg zum Kapitol. Inwischen ist es dunkel geworden.


Touch~

Schließlich komme ich auf dem Kapitolhügel an und platziere mich mit Fahrrad auffällig an der Statue in der Mitte des Platzes. Schließlich erscheinen am Horizont (also dort, wo die Treppe nach unten anfängt) eine bekannte Gestalt in orangefarbenem Hoodie und daneben ein älterer Herr: Jens und sein Freund Georg sind da. Auf in die Ferienwohnung! Ab morgen bin ich also erstmal mit den beiden hier unterwegs:

So, und da ich euch inzwischen genug Bilder gezeigt habe mit Leuten, die ihr nicht kennt, geht es ab jetzt mehr um Rom und seine Sehenswürdigkeiten selbst.

Montag, 27. Oktober 2014
Rom ist wohl der einzige Ort auf der Welt, an dem man den ganzen Tag mit Basilika-Hopping verbringen kann. Basiliken sind ganz besonders bedeutsame Kirchen, die diesen Titel vom Papst persönlich erhalten haben. Normalerweise gibt es - wenn überhaupt - nur mal eine von der Sorte in einer größeren Stadt und dann ist das auch so ziemlich die größte Sehenswürdigkeit dort. Hier in Rom gibt's aber gleich mal eben 65 Stück. Ein paar schauen wir uns an.


Die Statue links ist von Michelangelo. Sein "Badehandtuch" unten rum wurde erst nachträglich hinzugefügt, als es mal wieder eine weniger freizügige Phase in der Geschichte gab.

Viele Basiliken beherbergen besondere Heiligtümer. Hier zum Beispiel liegt der Sarkophag einer Heiligen namens Katharina von Siena. (Ihr abgetrennter, mumifizierter Kopf ist derweil in ihrer Heimatstadt ausgestellt...)
Die Basiliken mit ihren Reliquien ziehen viele Pilger an, man sieht auch ziemlich viele Nonnen unterwegs. Mönche fallen einem seltener auf, aber das liegt ganz einfach daran, dass diese ihre Kutten nur zum Essen und Beten tragen müssen.

Manche der Kirchennamen sagen etwas über die Geschichte der Gebäude aus, die teilweise bis auf die Verdrängung der antiken Göttertempel zurück geht. Der Name Santa Maria sopra Minerva beispielsweise deutet darauf hin, dass diese Kirche über den Resten eines antiken Minerva-Tempels erbaut worden sein soll. Aber man kann einen alten Tempel auch einfach umfunktionieren: So geschehen beim Pantheon, das ursprünglich als gemeinsame Kultstätte allen römischen Gottheiten gewidmet war. Im 6. Jahrhundert hat man das Gebäude mit der riesigen Kuppel kurzerhand umdekoriert und zu einer Kirche erklärt. Immerhin ist es dadurch bis heute erhalten geblieben.

Das Pantheon.

Besonders auffällig ist das Loch in der Decke. Wenn's regnet, wird man hier drin richtig nass.

Anschließend streunen wir noch etwas in den Gassen rum. Für den wohlhabenden Katholiken gibt es da noch einige Shops mit prunkvollen Fanartikeln. Wer möchte einen güldenen Kelch für 1650,00€?



Ab und zu sieht man ein paar Ruinenreste des alten Roms, ansonsten ist hier alles voller Restaurants und Gelaterias. Darunter gibt es eine, die sage und schreibe 150 Eissorten führt und zumindest die, die ich gekostet habe, waren einfach hervorragend. Wenn ich richtig Geld hätte, würde ich wohl den ganzen Laden leerfressen. Jens meint, wenn er richtig Geld hätte, würde er jedem der Nigerianer, die hier vor ausgebreiteten Tüchern in den Gassen stehen, um vielleicht ein paar Handyhüllen zu verkaufen, einfach mal 100€ in die Hand drücken...

Schließlich macht Georg eine Trattoria aus, die weniger von Touristen besucht und mehr auf Einheimische ausgerichtet zu sein scheint. Normalerweise denkt man hier in Italien vor halb acht gar nicht ans Abendessen, also haben auch wir uns bis jetzt Zeit gelassen.
Ich war ewig nicht mehr in einem Restaurant, auf dieser Reise ist es das erste Mal. Und was für ein Mahl! Wie es sich gehört mit Antipasti (=Vorspeise), dann noch geröstete Artischocken und als römische Spezialität ein sogenanntes "Spring in den Mund!" beziehungsweise Saltimbocca. Georg gibt uns alles aus, er selbst hat Trüffel bestellt. Toll.


Dienstag, 28. Oktober 2014
Ruhetag. Internet, Nudeln kochen et cetera. Das tut einfach mal richtig gut zur Abwechslung.
Georg wundert sich erst, dass ich alleine in der Wohnung bleibe. Wann sei man denn schon mal in Rom? Dann fällt ihm wieder ein, wie ich unterwegs bin. So eine komfortable Behausung muss man nutzen! Und ich nehme mir schon noch genug Zeit für die Stadt, keine Sorge.
Die beiden besuchen heute mal wieder ein Museum und unter anderem die Spanische Treppe, aber da bin ich ja auch schon vorbeigekommen.


Normalerweise völlig überlaufen von Touristen... außer eben nachts.

Mittwoch, 29. Oktober 2014
Heute geht's mit Jens und Georg zur Generalaudienz beim Papst. Bericht gibt's im Vatikan-Artikel.



Das ist auch schon der letzte Tag, den ich mit den beiden verbringe. In der Wohnung koche ich mir noch ein paar Nudeln zum mitnehmen, dann verabschieden wir uns. Auf Sizilien sollen wir uns zu Weihnachten wiedertreffen, denn auch da hat Georg eine Ferienwohnung gemietet. Läuft! Jens will sich bis dahin unter anderem noch Sardinien und Korsika anschauen.

Ich gurke noch ein wenig im Süden der Stadt rum und schaue mir eine letzte Basilika an, bevor ich mich mehr den antiken Sachen widme. Sankt Paul vor den Mauern soll es heute sein, ihres Zeichens eine Basilica major. Das ist der höchste Rang, den eine Kirche überhaupt haben kann, weltweit gibt es nur 6 Stück von der Sorte. Na gut, "weltweit" klingt etwas übertrieben, denn vier davon sind hier in Rom und die zwei anderen in Assisi ein paar Kilometer weiter nördlich.
Interessant ist, dass der Grund und Boden dieser basilicae majores kein italienisches Staatsgebiet ist, sondern völkerrechtlich zusammen mit dem Vatikan dem "Heiligen Stuhl" gehört. Wenn man mal auf Openstreetmap guckt, ist um das Gebäude auch direkt eine Grenze eingezeichnet.






Eine Besonderheit in dieser Basilika sind die Medaillons über den tragenden Säulen, in denen Porträts aller bisherigen Päpste gezeigt werden. Einer Legende nach kommt Jesus wieder, wenn alle Medaillons voll sind. Vorsichtshalber hat man vor ein paar Jahren wieder ein paar neue "Slots" hinzugefügt, sonst wäre heute nur noch einer frei.
Vorne beim Altar befindet sich wieder ein Sarkophag und eine Tafel informiert den Besucher in den verschiedensten Sprachen, dass hier der Apostel Paulus liegen soll. Ein ziemlich neuer Fund, erst vor knapp 10 Jahren von vatikanischen Archäologen bei Grabungen unter der Kirche entdeckt.

Hier die große Haupthalle vorm Altar, die ganz ohne Kirchenbänke auskommt. Ursprünglich hatten alle Kirchen nur so eine große, freie Fläche, so wie das heute noch in den Moscheen der Fall ist. Die Bänke sind eine neuzeitliche Erscheinung, die mit der protestantischen Kirche ihren Anfang nahm und so nach und nach von den Katholiken übernommen wurde. Die Orthodoxen stehen derweil immer noch brav aufrecht.

Nachdem ich mich eine Weile von den fast hypnotisch wirkenden Kirchgesängen einiger Mönche habe beschallen lassen und die Atmosphäre ausreichend genossen habe, geht's wieder nach draußen. Vor den Toren hinkt derweil so ein Simulantenheulbettler durch die Gegend, der groß auf Drama macht, weil er ohne Geld kurz vorm Verhungern ist. Ich schmiere ihm spaßeshalber ein Nutella-Brötchen, das er mit einem fast überheblich wirkenden Lächeln ablehnt. Dann macht er sich aus dem Staub. Überrascht bin ich nicht.

Ich verbringe noch ein Weilchen an einem W-Lan-Hotspot und fahre dann wieder zurück ins Zentrum. Überall Nutten am Straßenrand...
Als ich einer der Hauptverkehrsadern Richtung Norden folge, versperrt mir plötzlich ein unglaublich riesiges, wuchtiges Gebäude die Sicht... Ah, richtig! Das Kolosseum gibt's ja auch noch. Es ist mitten in der Nacht, keine Leute sind zu sehen. Nur das große Wahrzeichen oxidiert recht einsam vor sich hin und wirkt pflichtbewusst kolossal. Umringt von einer Straße und ein paar Scheinwerfern, die seine Fassaden in ein schwaches Licht hüllen. Morgen in der Sonne sehe ich mehr.


Und ihr auch.

Donnerstag, 30. Oktober 2014


Oh, ein Zenturio.

In der Antike war die Fassade des Kolosseums einmal komplett mit weißem Marmor bedeckt, muss echt beeindruckend ausgesehen haben.
In der nächsten Nähe sind noch viel mehr Überreste des alten Roms zu sehen. Auch in anderen Teilen der Stadt hat es immer wieder antike Säulen und Mauerreste, im Prinzip ist Rom ein riesiges Freilichtmuseum. Aber hier im Zentrum am Kapitol, wo sich einst das Forum Romanum befand, gibt es die meisten.



 S.P.Q.R. - "Senatus Populus que Romanus" hat sich auch bis heute gehalten. 
Wer mal Latein hatte, kennt das noch.

Nicht antik, aber nett anzuschauen.

So, genug geglotzt. Ich habe heute noch was anderes vor, also mache ich mich erstmal wieder auf den Weg. Meine Stammleser werden sich erinnern, dass mir kurz nach Venedig eine der Hecktaschen verloren gegangen ist. So langsam könnte ich mir ja doch mal wieder eine neue besorgen, schließlich bin ich hier in einer großen Stadt, in der es alles gibt. Also auf zum Fahrradladen! Habe mir eine Adresse zusammengegoogelt, an der es Ortliebs zu geben scheint.


Der Laden und sein Boss.

Tja, da hatte ich mir genau die richtige Adresse rausgesucht! Normalerweise verkaufen sie die Taschen nur im Doppelpack, meint der Inhaber, aber eine schwarze hat er gerade übrig. Und nachdem er meine Geschichte gehört hat, will er mir gleich noch 5€ Rabatt geben. Cool. Weil er schon mal dabei ist, macht er mir auch den Getränkehalter wieder fest und verlängert den Fahrradständer.
Sein Kollege erinnert mich derweil mehrmals: "Go slowly, take it easy." Ich weiß gar nicht, wie er dazu kommt, aber recht hat er auf jeden Fall. Wenn ich damals nicht so gehetzt hätte, wäre mir das mit der Tasche vielleicht gar nicht passiert oder ich hätte es zumindest sehr viel eher gemerkt. Aber auch sonst habe ich inzwischen gelernt, dass es eigentlich immer besser kommt, wenn man sich zum Einen Zeit und zum Anderen alles ein Bisschen leichter nimmt.
In diesem Sinne wünschen mir alle noch eine gute Reise und ich rolle langsam wieder in die Innenstadt, finde unterwegs noch einen herrenlosen USB-Stick mit guter Musik und mache einen Großeinkauf im Lidl, um den neuen Stauraum mit Essen zu füllen.

Später bleibe ich noch ein Weilchen im Zentrum beim Kolosseum, wo es kurz nach 5 auch schon so langsam wieder dunkel wird.



Zum Abendbrot setze ich mich oben auf dem Kapitol-Hügel auf eine Bank; habe noch ein paar Nudeln von gestern übrig. Man hat einen netten Ausblick auf die Ruinen des Forums von hier oben. Am Zaun steht ein Fotograf mit Stativ, der die nächtliche Stimmung ganz professionell einzufangen versucht. Hin und wieder wirft er einen Blick auf mein Fahrrad, nach einer Weile spricht er mich schließlich an und fragt die obligatorische Frage: "Where are you from?"

Der Fotograf nennt sich Wietse; ein holländischer Vorname, den ich noch nie gehört habe. Er lebt aber schon fast sein ganzes Leben lang in Rom. Trotzdem ist er in der Welt viel rumgekommen, hat drei Jahre als Projektmanager in Palästina verbracht und ist früher viel als Backpacker unterwegs gewesen. In mir mit meinem Fahrrad hat er quasi sich selbst in jungen Jahren erkannt...
Er bietet mir an, dass man sich morgen nochmal treffen könnte, schließlich kennt er sich in Rom gut aus. Nun habe ich zwar schon viel von der Stadt gesehen, aber immer noch nicht alles und wenn man schon mal so ein Angebot bekommt, warum nicht? Wir machen uns für den späten Nachmittag wieder das Kapitol als Treffpunkt aus. Irgendwie komme ich ständig zurück auf diesen Hügel.

Schließlich fahre ich wieder zu meinem versteckten Zeltplatz am nördlichen Stadtrand.

Freitag, 31. Oktober 2014
Der letzte Tag in Rom. Eines der vielen Dinge, die ich von dieser Stadt in Erinnerung behalten werde, sind die übermäßig vielen Einbahnstraßen. Zum Glück muss man sich als Radfahrer in Italien nicht dran halten. So kann man in Ruhe die liebevoll verunstalteten Schilder begutachten:


Ein paar Monate später habe ich per Zufall herausgefunden: Diese Schilder sind wohl das Werk eines Künstlers aus Florenz. Habe dort auch zum ersten Mal so eins gesehen.

Heute gehe ich noch dem Malteserorden einen Besuch abstatten, der seinen Hauptsitz hier in Rom hat. Und genau wie die katholische Kirche mit ihren großen Basiliken hat auch dieser souveräne Orden eine Extrawurst bekommen: Seine zwei Gebäude hier in der Stadt sind kein italienisches Staatsgebiet.
Nun kann man da nicht einfach so reinspazieren, aber hier an der Magistralvilla kann man zumindest an der Eingangspforte des Grundstückes stehen und durch's Schlüsselloch gucken:


 Man schaut genau auf den Petersdom im Vatikan.

Am Fuße dieses Hügels liegt (bzw. lag einmal) der Circus Maximus, das flächenmäßig größte Gebäude des antiken Roms. Hier fanden unter Anderem die großen Pferdekutschenrennen statt. Heute ist nicht mehr viel übrig und die ehemalige Arena ist einer großen Grünfläche gewichen.


Im Hintergrund die Ruinen eines antiken Kaiserpalastes (Domus Augustana)

Den Rest der Zeit nutze ich, um noch ein paar Tagvarianten dieser Vergleichsfotos zu schießen, die ihr schon im ganzen Artikel gesehen habt.


Zum Beispiel diese Brücke, die ich bisher nirgendwo sinnvoll unterbringen konnte.

Schließlich treffe ich mich mit Wietse am Kapitol und er zeigt mir noch ein paar Orte, an denen ich noch nicht vorbeigekommen bin. Immer wieder gibt es zwischen den modernen Straßen Überreste des antiken Roms zu sehen, das meist so zwei bis vier Meter tiefer gelegen war als die heutige Oberfläche. Auf einer dieser von unzähligen Katzen bewohnten Ruinenkomplexe zeigt Wietse mir die Treppen, auf denen damals vor über 2000 Jahren Julius Cäsar ermordet wurde. Wissenschaftler hätten erst vor kuzem herausgefunden, dass es genau dort passiert sein muss. Dreiundzwandig Dolchstiche, macht bestimmt Aua...


Porträt des Opfers.

Nach einer letzten Visite im Vatikan bei Nacht besuchen wir den Stadtteil Trastevere, wo schon ein paar Kinder in schaurigen Kostümen rumlaufen. Richtig, ist ja Halloween heute.
Wietse meint, er würde mich gern bei sich zuhause übernachten lassen, aber da er zur Zeit wieder bei den Eltern wohnt, sei das ziemlich ungünstig. Stattdessen will er mich wenigstens auf eine gute römische Pizza und etwas Wein im Restaurant einladen. Vorher dürfe ich Rom nicht verlassen. Herrlich! Von Religion an sich hält Wietse zwar nicht viel, aber er glaubt an Karma und meint, es sei auch immer gut für einen selbst, wenn man anderen was Gutes tut.
Ich bestelle eine Pizza Vesuvio. Das ist eine Pizza, die zu meiner Überraschung gar nicht aussieht wie eine ebensolche, da sie über dem Belag noch eine dünne Teigschicht hat. Muss man wohl in der Mitte öffnen, um einen vesuvigen Vulkankrater zu haben oder so. Dazu gibt's gute Hausweine und im Anschluss einen italienischen Kräuterlikör namens Amaro, der wie Hustensaft schmeckt. Derweil schreibt Wietse mir noch ein paar interessante Orte im Süden Italiens auf den Bierdeckel, die ich auf meinem Weg noch besuchen könnte.

Als wir uns zu später Stunde verabschieden, stelle ich fest, dass ich irgendwie vielleicht doch zu viel getrunken habe. Zwar bin ich noch weit davon entfernt, singend durch die Gegend zu schwanken, aber jetzt noch bis zu meinem Zeltplatz im Norden zu fahren - sind ja doch ein paar Kilometer - halte ich für keine so gute Idee mehr. Zu müde, zu beschwipst, zu lustlos. Stattdessen steige ich ein letztes Mal auf den Kapitolhügel und lege mich dort einfach in eine gut versteckte Ecke. Mal wieder ein extravaganter Schlafplatz auf meiner Liste! Morgen geht's dann weiter Richtung Neapel.

-------> Fortsetzung folgt!

Adressen für Reisende: 
> Legends Hostel in der Nähe vom Bahnhof
> Gelateria della Palma mit den 150 Eissorten
> Trattoria Antonio in der Nähe vom Pantheon, urig und gutes Essen
> ZTL-Bici, der Fahrradladen mit den netten Leuten

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