Sonntag, 22. November 2015

Sloweniens unterirdischer Canyon


Zu jedem anständigen Abenteuer gehört eine schöne, große Höhle. Und von der Sorte gibt es im slowenischen Karst genug: Neben der stark touristisch genutzten Grotte von Postojna sind das vor Allem die Höhlen von Škocjan, in denen der unterirdische Fluss Reka eine riesige Schlucht gegraben hat. Ich hab mal vorbeigeschaut.

Die slowenische Karsthochebene liegt direkt zwischen der Adriaküste und der Hauptstadt Ljubljana. Diese Landschaft, welche auf slowenisch Kras heißt, hat auch den Begriff "Karst" für alle anderen, ähnlichen Landschaften der Welt geprägt. Typisch sind der unterirdische Wasserhaushalt
und das Kalkgestein, was zusammen zu einer Vielzahl von Höhlen und bizarren Felsformationen führt. (Geologen mögen mir meine Oberflächlichkeit verzeihen.) In der Praxis heißt das jedenfalls: Es gibt ordentlich was zu gucken.
Und das wird in Slowenien natürlich auch genutzt. Für die Grotten von Postojna wird überall als größte Sehenswürdigkeit des Landes geworben. Da gibt es unter der Erde sogar eine Konzerthalle und eine kleine Eisenbahn für Touristen. Die Škocjan-Höhlen sind da nicht ganz so bekannt, aber trotzdem durchaus sehenswert. Der UNESCO-Welterbe-Status hat schon was zu bedeuten.
An der Hauptstraße zwischen Koper und Ljubljana sind sie mehrfach ausgeschildert, das Finden war also kein Problem.

Der Wartebereich vor dem Eingang ist überdacht und hat Steckdosen. Sehr gut.

Es wird eine geführte Tour durch den unterirdischen Canyon angeboten, die insgesamt etwa 3 Kilometer lang ist. Normalerweise muss man dafür 15€ hinlegen (Stand 2014), aber da mein Studentenausweis noch gültig war, bin ich deutlich billiger reingekommen. Ha.

Im ersten Teil dieser Tour läuft man durch die sogenannte Stille Höhle, die im großen und ganzen einer normalen Schauhöhle entspricht. Fotografieren ist eigentlich nicht wirklich erwünscht... was wohl unter Anderem an dem zu erwartendem Blitzlichtgewitter liegt, das die ganze Stimmung versauen würde. Insofern: Wer keine Kamera hat, die im Dunkeln gut gucken kann und unauffällig bleibt, lässt es lieber bleiben. Blitzlichtfotos sehen sowieso ganz furchtbar aus. ;-)
Die Temperaturen liegen übrigens das ganze Jahr über bei um die 10°C; insofern ist es ganz praktisch, wenn man eine Jacke besitzt.







So weit, so gut... Aber irgendwie ärgere ich mich ein Bisschen. Über mich selbst - denn das alles begeistert mich gar nicht so sehr, wie es eigentlich sollte. Warum? Die Tropfsteine und die Beleuchtungen sind zwar wirklich schön, aber wenn man einmal so ein Höhle selbst entdeckt und erkundet hat - auch wenn sie viel kleiner war - vermisst man diesen Zauber und die Spannung. Was verbirgt sich wohl um die nächste Ecke? Führt dieser Spalt in einen anderen Raum? Woher kommt dieses Licht dort hinten? Und wie lange hält meine Taschenlampe noch?
In einer Schauhöhle läuft man dann halt im Gänsemarsch auf einer vorgegebenen, flachbetonierten Route, passt sich dem Tempo an und hat keine richtige Stille für sich...
(Na ja, es sei denn, man lässt irgendwann die Gruppe laufen und schließt sich dann unauffällig der nächsten an. Bin ich aber erst hinterher drauf gekommen. Und am Ende gäbe das bloß Ärger.)
Wie dem auch sei: Das alles ist einem ja schon vorher klar. Und schön ist es trotzdem.
Was es dann im zweiten Teil zu sehen gab, ließ aber auch bei mir wieder die Begeisterung aufkommen.

Verlässt man die Stille Höhle, wird es gleich viel weniger still: Das laute Rauschen der Reka ist die Begrüßung in der großen, unterirdischen Schlucht, die sie in den Fels gegraben hat.

Links unten sieht man Leute laufen, da lassen sich die Größenverhältnisse ganz gut einschätzen.

Hin und wieder führt der Fluss auch deutlich mehr Wasser. Bei einer richtigen Überflutung ist hier kein Durchkommen mehr, der Wasserspiegel kann dann zig Meter höher und weit über dem Pfad liegen.






Die Höhle war übrigens schon in der Antike bekannt und dürfte archäologischen Funden zufolge damals eine beliebte Pilgerstätte gewesen sein. Stichwort Eingang zur Unterwelt...

Was man als normaler Besucher nicht sehen kann, sind die seltsamen Tierchen, die sich an manchen Stellen in den kalten Gewässern verstecken: Die Grottenolme sind geisterhaft erscheinende Lurche ohne Augen und Farbpigmente, die sie ja in den normalerweise stockdunklen Höhlen des Karstes gar nicht brauchen.



Auch der Ausgang ist beeindruckend. Hier mündet der Canyon in eine sogenannte Doline: Diese entstehen, wenn die Decke einer Höhle zusammenbricht und ein dementsprechend großes, tiefes Loch in der Landschaft hinterlässt. Solche Senklöcher gibt es in Slowenien einige, viele davon beherbergen seltene Vogel- und Fledermausarten.
Die Velika dolina ist 163 Meter tief und namensgebend für alle Dolinen der Welt. Sowas gibt es übrigens nicht nur an Land: Eine der bekanntesten Dolinen ist das Great Blue Hole von Belize, das in einem Riff knapp unter dem Meeresspiegel liegt.

An steilen Felwänden entlang geht es zum Aufzug zurück nach oben.





Der Eingang zum Canyon von weitem.

Wenn man einem der Wanderwege hinter dem Ticketverkauf folgt, gelangt man an einen Ausguck mit Blick in die Doline. Zum Abschluss gibt's ein senkrechtes Panorama-Bild von da oben. Bis bald!


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