Sonntag, 8. November 2015


Nach rund einer Woche in Venedig war es auch mal an der Zeit, die nähere Umgebung der Stadt unter die Lupe zu nehmen. Es gibt nämlich noch eine ganze Reihe weitere Inseln in der Lagune, die man sich ruhig anschauen kann.
Also steht heute eine Rundtour mit 5 Zwischenstops auf dem Programm: Darunter ein Mini-Venedig, ein knallbuntes Fischerdorf und eine Friedhofsinsel.

1) San Michele - Die Friedhofsinsel

Wenn man Venedig von der großen Wasserbushaltestelle im Norden (Fondamente Nove) aus verlässt, fällt einem als erstes diese große, komplett ummauerte Insel voller Zypressen ins Auge. Auf dem Fahrplan steht ganz einfach Cimitero, vom englischen cemetery kann man sich herleiten: Das hier ist der Friedhof der Lagunenstadt.
Ursprünglich zwei Inseln wurden miteinander verbunden und zu einem Rechteck ausgebaut. San Michele ist dadurch zwar ein relativ großer Friedhof geworden, aber der Platz ist trotzdem begrenzt und bei manchen Leuten als ganz besondere letzte Ruhestätte auch heiß begehrt. Um den Platz effektiv zu nutzen, sind viele Särge oder Urnen in eigenen Fächern in breiten Mauern aufgestapelt. Hin und wieder sieht man sowas auch im restlichen Italien. Oftmals bekommt man als "Neuankömmling" zuerst ein normales Grab im Boden, muss dann aber später in eine Mauer "umziehen".
Einige Familiengräber bilden auf San Michele aber auch direkt den Fußweg, man spaziert da praktisch auf den Sargdeckeln herum. Die Namen werden bei all den Besuchern mit der Zeit immer schlechter lesbar... Wie eine bildhafte Analogie auf die Erinnerungen an die Verstorbenen, die ebenfalls mit der Zeit verblassen.
Nur einige prominente Pesönlichkeiten bleiben da etwas länger im kollektiven Gedächtnis der Menschheit: Zumindest Physikern sollte beispielsweise der Name Doppler etwas sagen, den man schon im Eingangsbereich zu lesen bekommt.








2) Murano - Das Mini-Venedig der Glasbläser

Direkt hinter San Michele gibt es dann wieder etwas Leben: Etwa 4500 Leute wohnen auf Murano, das in gewisser Weise wie eine etwas schlichtere Fortsetzung der Stadt Venedig wirkt. Nur eben auf einer kleineren Insel und etwas weniger prunkvoll und verstopft. Auch hier gibt es einen deutlich größeren Kanal in der Mitte, schmale Gassen und kleine Plätze. Und Tauben natürlich.
Bekannt ist Murano für seine Gläsbläserkunst, deren Resultate sich nicht nur in den zahlreichen Schaufenstern und Läden finden, sondern auch draußen in Form von großen Skulpturen die Blicke auf sich ziehen.
Alles in allem fand ich's hier im Vergleich nicht ganz so interessant, aber nett war's trotzdem.





3) Burano - Insel der bunten Häuser

Wieder etwas ungewöhnlicher wird es auf dieser kleinen Insel, die etwa 5 km weiter liegt. Schon von weitem fällt das Dorf mit seinen knallig gefärbten Fassaden ins Auge, die den Fischern früher die Orientierung draußen auf dem Wasser erleichterten. So erzählt man es sich zumindest.
Geht man dann an Land, scheint der Ort fast nur von Katzen und alten Leuten bevölkert zu sein...
Die tagtäglichen Touristenströme senken den Altersdurchschnitt dann aber doch beträchtlich.
Bekannt ist die Insel neben ihrer Farbenpracht auch für die Burano-Spitzen, welche ein teures Luxusgut darstellen. In den Souvenirläden gibt's zwar überall ähnlichen Stoff zu kaufen, aber das ist schlechtere Qualität aus Asien und hat mit der richtigen Spezialität Buranos nichts zu tun.








Über eine Holzbrücke kann man noch rüber auf die Nachbarinsel Mazzorbo spazieren, wenn es einem mal wieder nach etwas grüner Natur gelüstet.

4) Torcello - Die Verlassene

Torcello ist mit der Fähre nur von Burano aus erreichbar. Wenn man eintrifft, ist von Zivilisation nicht allzu viel zu sehen. Man läuft erstmal an einem Kanal entlang, bei dem links und rechts das Grünzeug wuchert, bis man schließlich an einer kleinen Handvoll Häuser und Restaurants vorbeikommt.
Gerade einmal 14 Einwohner zählt Torcello. Die meisten Besucher kommen nur wegen der beiden Kirchen, von denen eine sogar zur Basilika geweiht wurde. Sonst ist hier irgendwie nicht viel los... Aber das war nicht immer so.
Im Mittelalter gab es eine Zeit, in der Torcello eine reichere und größere Stadt als Venedig war. Als die Wasserflächen im Umkreis aber langsam versumfpten (die Gezeiten kommen hier im Norden der Lagune nicht mehr an) und Malariaepidemien drohten, entschied die Bevölkerung sich gepflegt zum Abhauen. Und dabei waren sie gründlich: Da Baumaterial in so einer Lagune umständlich zu beschaffen ist, wurden die Häuser kurzerhand abgerissen und ihre Steine auf die südlicheren Inseln verschifft. Die meisten Leute haben sich dann auf Murano und in Venedig wieder niedergelassen.
Jetzt ist von den ganzen alten Wohnhäusern längst nichts mehr übrig, nur die Sakralbauten ließ man damals stehen.
Wirklich verlassen wirkt die Insel dank der Touristen dann aber doch nicht.





Kleinere verlassene Inseln

Hin und wieder sieht man vom Wasserbus aus noch einige kleinere Inseln mit verfallenen Häusern oder Mauerresten. Wie alt die sind? Keine Ahnung.
Wer sie sich mal genauer unter die Lupe nehmen will, muss sich wohl oder übel ein eigenes Boot oder einen Chauffeur organisieren. Fähren halten da keine.



Es gibt auch noch ein paar größere Inseln von dieser Sorte, auf denen früher zum Teil massenweise Pestopfer vergraben wurden oder die man als Quarantänestätte nutzte. Eine davon ist Poveglia, die ich schon hier vorgestellt habe.

5) Lido di Venezia

Der "Strand von Venedig", so die wörtliche Übersetzung, ist die Endstation für Heute. Es handelt sich um eine dieser extrem langgezogenen, schmalen Inseln, die die Lagune vom offenen Meer trennen. Auf dem Lido stehen dank langem Sandstrand die meisten Hotels und die berühmten Filmfestspiele von Venedig finden auch hier statt.
Ende September sah es hier schon ungleich herbstlicher aus als auf den kleineren Inseln. Und noch etwas fiel auf, das man nach einer längeren Tour durch die Lagune überhaupt nicht mehr gewohnt ist: Straßen und Autos.




Schlusswort

Man kann alle diese Inseln problemlos an einem Tag besuchen; wer's aber nicht so eilig hat, möge sich ruhig etwas mehr Zeit lassen. Die Stimmung auf Burano bei Nacht oder früh am Morgen ist sicher nett...
In meinem Fall wartete allerdings das Fahrrad mit einem nicht unerheblichen Teil des Gepäckes die ganze Zeit in Venedig am Kreuzfahrtterminal. Da wollte ich es auch nicht allzu lang allein lassen. :3

Im (über?)nächsten Post verliere ich noch ein paar Worte und Bilder zum Wasserstraßenverkehr in und um Venedig. Das wird dann aber auch der letzte Beitrag zur Lagunenstadt gewesen sein und es geht mal wieder vorwärts. Bis dann.

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