Sonntag, 16. November 2014

Reisetagebuch: Bayern (1)

Und weiter geht's, hier die Zusammenfassung der ersten Woche in Bayern. Es ging größtenteils durch ländliche Gebiete und dabei fielen so einige lokale Traditionen und Eigenheiten auf, die ich ohne diese gemütliche Art des Reisens wohl verpasst hätte.

Tag 8 - Donnerstag, 14. August 2014 (2. Hälfte)
Nachdem ich gegen Mittag aus Tschechien kommend die Grenze überschreite, sehe ich mich erstmal ein Bisschen in Furth im Wald um. Es ist die Zeit der Drachenstich-Festspiele im Ort, zu denen unter Anderem ein mittelalterliches Lager und ein Volkstheater mit riesigem Roboterdrachen gehören. Mehr hier:
Blogpost: Drachentöten auf Bayerisch

Eine Karte für die Theateraufführung habe ich bereits und ich suche nach einer Herberge für die Nacht, da ich Fahrrad und Gepäck nicht unbeaufsichtigt stehen lassen will. Rückblickend betrachtet wäre das wohl gar nicht nötig gewesen... Problem wieder einmal: Alles ausgebucht... Nach einer Weile finde ich ein freies Hotel, das für eine Nacht allerdings mehr als dreimal so viel verlangt, wie ich die vergangene Woche in Tschechien ausgegeben habe. Als ich gehen will, bieten sie mir für 10€ weniger an, ein Doppelzimmer zu nutzen. Zähneknirschend nehme ich das Angebot an... Ich habe mir den Luxus von Bett und Badezimmer mit Strom und Internet zu diesem Zeitpunkt noch nicht ausreichend abgewöhnt. Also okay: Ein größeres Zimmer für weniger Geld. Es soll aber das letzte Mal bleiben, dass ich auf dieser Reise für eine Übernachtung bezahle...
Ich besuche das Mittelalterlager bei Tag und Nacht, begleite den Drachen bei seinem Transport zur Arena und zurück und nehme mir vor, die Nacht im Hotel etwas länger aufzubleiben, um ein paar Sachen im Internet zu erledigen.



Tag 9 - Freitag, 15. August 2014
Irgendwie bin ich die Nacht doch viel eher als geplant eingeschlafen... Na ja, erstmal Frühstücken, um dann noch rechtzeitig das Zimmer zu räumen. Solche Buffets zur Selbstbedienung sind doch einfach was Herrliches! Ich nehme von allem ein Bisschen und packe mir noch was als Proviant für unterwegs ein. Als ich hinterher für die Nacht bezahlen gehe, will die Tante plötzlich nochmal 8€ weniger als ausgemacht. Keine Ahnung warum, aber da beschwere ich mich ganz bestimmt nicht.
Noch kurz Duschen, Zimmer räumen (den Schokoriegel für 2€ habe ich selbstverständlich nicht angerührt) und im Hotelflur noch ein paar Stündchen Internet anzapfen, während es draußen regnet. Hat man mir offiziell erlaubt. Nachdem das 24-Stunden-Ticket aufgebraucht ist, erhebe ich mich aus dem Sessel und fahre bei inzwischen besserem Wetter noch ein paar Kilometer. Mit guter oberpfälzer Musik im Ohr.



Als es dunkel ist und wieder zu nieseln anfängt, lege ich mich in einem Unterstand für Wanderer auf einer Bank schlafen.

Tag 10 - Samstag, 16. August 2014
Nachts um 1 weckt mich das Geraschel irgendeinen Tieres im Gebüsch hinter mir. Da ich nicht gleich wieder einschlafen kann und es wieder trocken ist, denke ich mir, dass das doch eine gute Gelegenheit zum Weiterfahren ist. Man kommt ziemlich gut Vorwärts um die Zeit, kein Verkehr... Und die Radrouten sind auch alle sauber ausgeschildert, wunderbar. Nur an einer Stelle hängt ein Blatt Papier, das eine Umleitung anzeigt. Gut, okay. Oder auch nicht. Denn nach einer Dreiviertelstunde komme ich an einer Weggabelung vorbei, die mir unangenehm bekannt vorkommt... ewig im Kreis gefahren und nicht mitbekommen. Die Umleitung ist aber trotzdem kein dummer Streich, ich hatte nur im Dunkeln einen weiteren Zettel übersehen, der ganz komisch um die Ecke hängt.



 Irgendwo steht hier im katholischen Bayern immer ein Heiliger rum.

Kurz nach Sonnenaufgang fängt der Regen wieder an. Das geht heute noch den ganzen Tag so hin und her, aber es findet sich immer ein Unterstand oder eine Beschäftigung. Pfandflasche wegschaffen, Brombeeren pflücken...
Die Leute unterwegs grüßen mich immer mit einem herzlichen "Servus!" oder auch "Grüß Gott!". Ich gehe dazu über, es ihnen gleichzutun. Verstärkt das "Bayern-Feeling".



Nachmittags stellen nahe Regensburg irgendwelche Spaßvögel einen Maibaum auf. Moment mal, was? Es ist August! Ich gehe hin und frage, ob der alte vorzeitig umgefallen ist. Ich weiß ja immerhin, dass das Maibaumwerfen nur eine lokale Tradition ist und der Stamm in vielen Teilen Bayerns das ganze Jahr über steht. Eine dicke Dame erklärt mir, dass das ein sogenannter Kirchweihbaum ist. Okay, sowas gibt's also auch... Und nebenan steht natürlich gleich wieder ein Partyzelt mit viel Kuchen und Bier.
Ausgerechnet in Regensburg regnet es dann mal nicht. Also ein Wenig durch die Altstadt schlendern...



Keine Bilder vom Dom, die könnt ihr googlen.

Hinterher fahre ich noch ein Weilchen den Donauradweg entlang. Unterwegs fragt mich jemand, wo es denn hingehen soll. Er selbst ist begeisterter Alpenradler und meint, dass die Route von Venedig nach Ljubljana sehr schön sein soll. Mal mit merken. Er meint auch, dass Radreisen ja so schön, aber leider auch so teuer sei... Wat? Der gute Mann macht wohl irgendwas falsch.
Während ich in der Abenddämmerung dem Fluss weiter folge, höre ich immer wieder von irgendwo ein Volksfest. Außerdem fällt auf: Hier in Bayern ist irgendwie alles voller Eigenheime. Recherche ergibt: Ganze zwei Drittel der Wohngebäude sind hier Einfamilienhäuser, lediglich 13% entfallen auf gewöhnliche Mietshäuser mit mehr als zwei Wohnungen. Vor diesen Eigenheimen findet sich auch immer ein großer Stoß Brennholz für den Winter. In keinem anderen Bundesland wird so viel mit Holz geheizt wie hier, das weiß ich noch aus dem Forststudium.
Auf einer Wiese in Regenstauf stelle ich schließlich mein Zelt auf, da es zum draußen Schlafen zu kalt ist.



Tag 11 - Sonntag, 17. August 2014
Eigentlich ist das Campen hier gar nicht erwünscht, steht auf einem Schild... aber beschwert hat sich auch keiner. Hatte mir ein verstecktes Plätzchen gesucht und schon aus Prinzip keinen Müll dagelassen oder Feuer gemacht.
Fürs Erste folge ich im Groben dem ehemaligen Verlauf des römischen Limes. Natürlich ist nach 1900 Jahren von den ganzen Holzkonstruktionen nichts mehr übrig, aber ab und zu gibt es noch ein paar steinerne Ruinen und hier und da wurde mal ein Wachturm oder Kastell rekonstruiert. Auch Straßennamen wie "Limesweg" oder "Römerstraße" zeugen noch von der Geschichte.
Der Himmel erstrahlt heute in einem herrlichen weiß-blau... wie die bayerische Flagge, die ja auch genau das darstellen soll. Ist nur leider mächtig Gegenwind.



Da will ich auch hin...

In einem Dorf spricht mich ein uralter Opa an, den ich wegen seines tiefstbayerischen Dialekts aber kaum verstehe. Immerhin kann er mich ebenfalls kaum verstehen, da er schwerhörig ist. Trotzdem freut er sich und klopft mir zum Abschied mit einem herzlichen "Pfüeti" auf die Schulter.
Abends gelange ich erstmal in eine Sackgasse, denn an einem Bahnübergang ist 'ne Riesenbaustelle. Alternative: Über 5 Kilometer drum herum fahren. Nö. Zum Glück ist sonntags um die Zeit keiner da, ich suche mir einen Weg durch das Labyrinth aus Gruben und Bauzäunen und komme irgendwie auf der anderen Seite an.


Schließlich sehe ich noch einen richtigen Maibaum, erkennbar an den drei Kränzen und der verdorrten Fichte auf der Spitze... ja, das Ding muss einfach noch vom Frühling sein. Aber in dieser Gegend gibt es auch noch eine dritte Art "Baum", den sogenannten Babybaum. Nach der Hochzeit wird er aufgestellt und in Reimform mit einem Zeitlimit versehen, in dem sich beim frisch vermählten Paar ein Baby anmelden muss. Wenn das nicht geschieht, muss das Dorf mit reichlich Brotzeit und Bier versorgt werden! Aber lest selbst:


Tag 12 - Montag, 18. August 2014
Es ist bedeckt und der Gegenwind noch heftiger als gestern. Auf einem kurzen Abschnitt, der Richtung Norden führt, komme ich selbst bergab kaum vorwärts. Als ein LKW entgegenkommt, bringen mich seine Luftverwirbelungen erstmal schlagartig zum stehen. Umgekehrt geben LKWs von hinten aber einen schönen Boost...
Am Nachmittag bin ich dann im schwäbischen Teil Bayerns. Maibäume und Babybäume sehe ich hier keine mehr, dafür gibt es auf die Straße gepinselte Herzen mit den Initialen frisch verheirateter. Kenne ich sogar von zu Hause.





Abends komme ich nach ständigem Auf und Ab in einer tiefer gelegenen Ebene an: Es ist das Nördlinger Ries, ein riesiger Meteoritenkrater, dessen Rand ich gerade überwunden habe. In einem kleinen Dorf treffe ich schließlich bei meinem Gastgeber Dani ein, bei dem ich zwei Nächte bleiben darf. Bei einem abendlichen Spaziergang zeigt er mir seine Gegend.

Tag 13 - Dienstag, 19. August 2014
Ruhetag. Rumliegen und Internet und so. Aus dem Zimmer auf der anderen Seite des Flures tönt ab und zu ein Rülpser oder ein Freudenruf und und ansonsten ganz viel gute Musik. Alles sehr entspannt hier. Abends nimmt Dani mich noch mit zu einem Kumpel und ich zeige den beiden bei einem weiteren Spaziergang, was ein Geocache ist.
Am nächsten Morgen wollen Dani und ich früh raus, er muss geschäftlich weg und bei mir steht Nördlingen auf dem Plan. Es wird wunderbar!

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