Freitag, 15. August 2014

Hau den Maibaum wieder um


Ah, richtig, da war ja noch was. Bevor die Reise losgeht, hier nun der dritte Post aus der Lausitz-Reihe. Heute sogar mit Trachten!

Letztens habe ich ja davon erzählt, wie am Vorabend der Walpurgisnacht in allen Dörfern und Städtchen der Oberlausitz ein Maibaum aufgestellt wird. Aber während man ihn in manchen Gegenden wie Südböhmen oder Oberbayern das ganze Jahr über stehen lässt und im Frühling nur austauscht, wird er hierzulande recht zeitnah wieder umgehauen. Plautz. Und daraus macht man dann auch gleich ein gepflegtes Volksfest mit Tanz, Musik und... Freibier!
Sehr schön. In Schwarzkollm bzw. sorbisch Čorny Chołmc (dort, wo ich letztens auch zur Hexenverbrennung vorbeikam) war es schon am zehnten Mai soweit. Ein Tag, an dem ich freundlicherweise nichts zu tun hatte. Also dann: Fahrrad gesattelt, Kumpel Philipp zum Mitkommen überredet und auf ging's. Der Weg war ja inzwischen bekannt.

Blaues Häuschen unterwegs
Während man in der Walpurgisnacht alle Örtchen an ihnen Maifeuern erkennen konnte, waren sie nun Tagsüber schon von Weitem durch ihre Maibäume auszumachen. Die Dinger sind teilweise wirklich verdammt hoch und in der überwiegend flachen Landschaft hat man schließlich freie Sicht.
Nach ein paar Stündchen waren wir wieder in Schwarzkollm. Was jetzt bei Tageslicht besonders ins Auge fiel, waren die vielen kleine Rabenfiguren, die auf kleinen Felsen am Straßenrand, aber auch auf der einen oder anderen Mauer sitzen. Grund: Raben spielen eine wichtige Rolle in der sorbischen Krabat-Sage, die vornehmlich in diesem Dorf spielt. Es geht dabei um einen Jüngling, der dem Ruf eines Raben folgend in der verrufenen "schwarzen Mühle" als Lehrling anfängt, dort allerdings auch schwarze Magie gelehrt bekommt. Die Geschichte wurde als recht erfolgreicher Roman und dieser wiederum als Film adaptiert, im Zusammenhang damit setzt man hier auf Tourismus und hat auch für den Film die Mühle nachgebaut.



So, dann mal zum eigentlichen Thema. Auf zum Maibaum!
Die ganze Sache wird vor Allem durch den Jugendclub des Ortes organisiert. Zu Beginn marschieren die Mitglieder immer paarweise, angeführt von Musikanten und gefolgt vom Rest der Dorfbevölkerung, vom Ortszentrum aus zur Festwiese mit dem Maibaum. Die Jungs tragen ein weißes Hemd mit schwarzer Hose, die Mädels sind in bunte sorbische Festtrachten gekleidet.


Ihr Ziel war ein freistehender Hügel am Rande des Dorfes, welcher wahrscheinlich auch als Namensgeber für Schwarzkollm gedient hat. Philipp zufolge ist Chołmc das sorbische Wort für Hügel. Währenddessen fielen mir als studiertem Waldschrat gleich die ganzen Schwarzkiefern hier oben auf, womit wohl auch der erste Teil des Namens erklärt wäre. Zumindest, wenn die Vegetation hier schon länger so ausschaut. In Gegenden mit viel Nadelhölzern kommt das "schwarz" (oder eben sorbisch Čorny) im Ortsnamen jedenfalls oft durch die vergleichsweise dunklen Fichten oder Kiefern zustande.

Der Maibaum hier trägt, anders als der in Keula letztens, eine deutsche Flagge und eine Birke auf der Spitze. Und riesig ist er. Natürlich habe ich auch hier mal nach der Größe gefragt, und zwar diesmal sogar jemanden, der Bescheid wusste: "Ohne Birke 35 Meter." Ordentlich.

Der Baum war schon ausgegraben und wurde nur noch von den Stangen gehalten, die man auch schon beim Aufstellen verwendet hatte. Aber bevor er endgültig umgeschubst wird, führt die Dorfjugend immer erstmal ein paar sorbische Tänze vor. Tradition und so.




Keine Ahnung, wie viele eher aus einer Art Pflichtbewusstsetin mitmachten, aber manche hatten schon sichtlich Spaß.
Nach den ersten Tänzen wurden schießlich die letzten Stützen gelockert, um den Maibaum zu fällen. Es wird dabei immer versucht, die Richtung zu beeinflussen, aber ganz leicht ist das sicher nicht. Sobald er umgeschubst ist, rennen die ganzen jungen Kerle zur Spitze des Baumes und versuchen, eines der Tücher zu ergattern. Hauptgewinn ist die Flagge: Wer sie erwischt, ist Maikönig und darf sich seine Maikönigin für den anschließenden Tanz aussuchen.

Die neuen Tanzpaare, vorn der Maikönig mit der Deutschlandflagge.
 Hier habe ich mal ein kleines Video von der ganzen Sache zusammengeschnitten:



Jo, das wäre erledigt. Ab ging's ins Festzelt. Zum Abschluss wurde noch ein Fass Freibier angekündigt, Philipp gab mir einen Becher aus.
Es wurde dann langsam wieder Zeit für uns, den Heimweg anzutreten, diesmal mit dem Zug. Die Wartezeit verlief recht ereignislos, aber zum Glück lag dort irgendwo ein Filzstift rum. Und was macht man, wenn man einen Filzstift und Langeweile hat? Richtig.



Reihe Frühling in der Lausitz
Teil 1: Die Sorben und ihre Osterreiter
Teil 2: Maibäume setzen und Hexen verbrennen
Teil 3: Hau den Maibaum wieder um

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