Freitag, 22. August 2014

Knochen

Tag 2 und schon lande ich in der Gruft.

Die Kirche Sankt Peter und Paul in Mělník, etwa 30 km nördlich von Prag: Hinter einer unscheinbaren, kleinen Holztür abseits vom Haupttor verbirgt sich die Treppe zu einer unterirdischen Krypta. Und dort liegen die Schädel und Gebeine von über 10000 Leuten herum...

Die Geschichte dahinter: Als im Spätmittelalter die Pest um sich griff, reichte der Platz auf dem Friedhof um die Kirche irgendwann nicht mehr aus. Also musste der Totengräber die Überreste der alten Verstorbenen - inzwischen nur noch Knochen - ausgraben und in das Gewölbe bringen. Ende des 18. Jahrhunderts wurde der Eingang dann zugemauert und erst nach über 100 Jahren wiederentdeckt. Während des ersten Weltkriegs hat dann irgendso ein komischer Kauz namens Jindřich Matiegka, Prager Universitätsprofessor und Anthropologe, sich mit seinen beiden Assistenten der Knochen angenommen und sie neu arrangiert. Tja, und das Ergebnis sieht so aus:

 Ein Kreuz als Symbol des Glaubens. 

Der lateinische Spruch ECCE MORS, geformt aus Totenschädeln. Die deutsche Übersetzung wäre "Erblicke den Tod!" und soll wohl ähnlich wie MEMENTO MORI den Betrachter an die Vergänglichkeit des Lebens erinnern.

Also denkt dran, das waren alles mal Leute.

Die Löcher in diesen Schädeln zeugen von Pfeilspitzen und Äxten.

Die Knochen Kranker wurden separat aufbewahrt und untersucht.

The heart.

Irgendeiner ist halt immer zur Stelle, wenn's ums Bekritzeln geht...

Und hier die Möglichkeit einer Geldspende für die Kirche. Es gibt auch eine Gebühr fürs Betreten, die fällt aber mit 30 KČ (kaum mehr als 1€) durchaus moderat aus.

Was würde ich wohl als Toter denken, wenn meine Überreste genutzt werden, um ein Herzilein zu formen? Ich weiß es nicht. Oder wie wäre es denn mit etwas Ausgefallenerem, wie zum Beispiel einem Kronleuchter? Gibt es ebenfalls in der Tschechei, ein paar Kilometer östlich von Prag in Sedlec. Aber um fair zu bleiben: Solche Sachen gibt es hin und wieder auch im restlichen Europa.

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