Montag, 19. Januar 2015

Reisetagebuch: Bayern (2)

Tag 14 bis 20: Aus dem Schwabenland zurück nach Oberbayern und im Anschluss durch den Allgäu. Wieder einmal viel zu viele Fotos... Und überhaupt: Alter, ist der Post lang geworden. Dieser Abschnitt war irgendwie ganz besonders ereignisreich.

Tag 14 - Mittwoch, 20. August 2014
Die zweite und letzte Nacht auf dem Dorf bei Dani ist vorüber und ich stelle fest, dass vor einer halben Stunde der Wecker hätten klingeln müssen. Will heißen: Wir haben beide erfolgreich verschlafen. Dani muss geschäftlich weg und sein Bus kommt in wenigen Minuten, dementsprechend eilig stopfe ich meinen Krempel in die Taschen, um möglichst schnell mit aus der Haustür zu stürzen. Einen Zweitschlüssel gibt es leider nicht.
Hier trennen sich unsere Wege also wieder, morgens halb sieben im Ries. War kurz, aber sehr angenehm. Der eine rast zur Bushaltestelle, während der andere gemütlich sein Gepäck auf den treuen Drahtesel schnürt. Hoffentlich hab ich in der Eile nichts vergessen...

Eine knappe Stunde später komme ich drüben in Nördlingen an, dem kreisrunden, romantischen Städtchen mit seiner komplett erhaltenen Stadtmauer. Hier verbringe ich dann auch den Rest des Tages. Eindrücke, Hintergrundwissen und warum der Ort gern von Anime-Fans besucht wird, könnt ihr hier nachlesen:
Blogpost: Nördlingen - The Walled City


Links eine Laugenbrezel aus der Bäckerei Mack. Wurde mir empfohlen und ist unglaublich lecker. 
Ohne die für oberbayrische Brez'n typischen Salzkristalle, ist mir auch lieber so.

Gegen Abend spricht mich auf dem Platz vor der Kirche ein etwas kauziger aber sympathischer Opa mit Federhut an: "Haben sie schon unsere Störche gesehen?" Das fragt er hier jeden, der gerade aussieht, als habe er ein wenig Zeit. Die meisten Leute gucken ja eher selten in die Luft, aber auf einem der Dächer nistet tatsächlich ein Storchenpaar. Darauf ist er mächtig stolz und er empfiehlt noch, morgens zwischen viertel und um 9 wieder vorbeizuschauen, wenn sie gerade aufstehen.

Nach den letzten Rufen des Türmers ist Schlafplatzsuche angesagt. Es ist ziemlich kühl und könnte wieder regnen, dementsprechend scheint der überdachte Wehrgang der Stadtmauer eine gute Idee zu sein. Ich hieve das Fahrrad die Treppen hoch und finde in einem der Türme einen geschlossenen Kiosk, vor dem man sich's ganz gut gemütlich machen könnte. Vorher noch ein wenig Krempel sortieren...
Nach einem Weilchen kommt ein Paar vorbei, dem wohl der Kiosk gehört. Sie meinen, ich könnte auf ihrer Minigolfanlage hinter der Mauer schlafen, das sei "supersafe". Camping auf der Wiese, soll nur frühs wegen den Gartenarbeitern aufpassen. Da ich zu faul und müde bin, lege ich mich einfach mit dem Schlafsack auf eine der Imbissbänke. Ist sogar ein Schirm drüber.

Tag 15 - Donnerstag, 21. August 2014
Mehr oder weniger früh am Morgen werde ich von Rasenmähern geweckt. Hart war's auf der Bank, aber wenn man nach einem ereignisreichen Tag ordentlich müde ist, lässt sich's auch da problemlos schlafen. Für die Störche bin ich leider nicht ganz rechtzeitig aus dem Käse gekommen, die sind schon ausgeflogen.
Weiterhin stelle ich fest, dass mein Löffel fehlt. Habe ich wohl gestern in der Eile bei Dani gelassen, wie übrigens auch Waschlappen und Handtuch... Aber fünf Meter weiter hat jemand seinen halben Kaffee und Kuchen stehen lassen. Mampf! Den Löffel darf ich haben.


Also dann, Zeit zum weiterziehen. Raus geht's aus einem der nördlichen Tore, und irgendwie fühlt sich das komisch an... als würde man irgendwas in den Mauern zurücklassen. Der Kontrast zwischen der märchenhaft wirkenden Altstadt und der normalen, langweiligen "Außenwelt" wirkt hier ziemlich krass.
Wie auch immer, auf nach Südosten... Beziehungsweise vorer noch schnell rüber nach Baden-Württemberg, einen Geocache heben. Man schaltet nämlich für jedes Bundesland ein Bildchen frei, und wenn ich schon mal in der Gegend bin...
Anschließend folge ich im Groben dem Verlauf der Romantischen Straße, die weiter über Augsburg bis nach Füssen zum Schloss Neuschwanstein führt. Es gibt hierfür sowohl eine Variante für Autos, als auch eine Variante für Fahrräder. Je nach Lust und Laune wechsle ich zwischen beiden hin und her, generell ist die Radvariante mit seinen Schlenkern abseits der Straßen länger und etwas anstrengender, aber auch schöner.


Die blaue Blume: In der Romantik u. A. Symbol für Wanderschaft und Sehnsucht nach der Ferne.


Manchmal führt der Radweg auch an kleinen Kuriositäten vorbei: Zum Beispiel an einem 24 Stunden-Selbstbedienungsladen für frische Bauernmilch! Ein kleines Häuschen mit Automat, Beienungsanleitung und leeren Flaschen. Ganz wunderbar.


Das Plakat war woanders, aber solche und ähnliche gab es unterwegs immer mal wieder.


Rechts: Abendessen mit tschechischer Milchflasche und schwäbischem Löffel.

Der Radweg war schön, aber besonders gut vorwärtsgekommen bin ich heute nicht. Ich wechsle auf die Landstraße und lege eine Nachtfahrt ein, will vor dem Schlafengehen noch Augsburg erreichen. Ich hatte schon bessere Ideen... Zwar ist die Strecke eben und das Wetter trocken, aber es ist auch kalt, dunkel und ich bin müde. Zu müde. Wenige Kilometer vor Augsburg schlafe ich während des Radelns (!) mehrmals kurz ein und komme vom Weg ab. Zum Glück ist kaum Verkehr... Da es aber nirgendwo einen halbwegs günstigen Schlafplatz gibt und die Temperaturen langsam richtig unangenehm werden, fahre ich weiter und erreiche irgendwann nachts um 4 mein Ziel. In der Stadt stoße ich auf eine beheizte Shopping-Galerie, deren Tür noch offen ist. Irgendwie ein dubioser Ort, die meisten Geschäfte stehen leer... mir egal, ich lege mich irgendwo in die Ecke und schlafe ein.

Tag 16 - Freitag, 22. August 2014
Es ist mal wieder an der Zeit für etwas Internet und Strom. Ich habe gehört, dass man im McDonald's in der Regel beides findet und es den Angestellten egal ist, ob man was bestellt oder nicht. Die Filiale vom Bahnhof hatte zumindest Steckdosen. Der Hotspot wollte gerade nicht so recht, dafür fand sich einer am nahegelegenen Brauereigebäude.
Danach habe ich nur eins im Sinn: Raus aus diesem Moloch. Ja, ich finde Augsburg, zumindest was ich davon gesehen habe, ganz furchtbar ungemütlich. Kein Charme, nur viel zu viele Leute und Verkehr. Wahrscheinlich hängt dieses Negativurteil auch damit zusammen, dass ich die Nacht kaum Schlaf bekommen habe und eventuell schöne Teile der Stadt verpasst habe, aber im Moment will ich irgendwie einfach nur raus hier.

Ein alter Turm, einsam und verloren mitten in der Stadt.

Und ab geht's wieder ins ländliche Bayern, ab hier erstmal wieder einige Bilder.

Die Begrüßung kennt man ja, das Gegenstück "Pfüa Gott" zur Verabschiedung war mir aber neu.

Jesuskreuze hat es im katholischen Bayern überall, ab und zu sieht man aber auch eine Maria.


Hier mal wieder zwei der traditionellen Totempfähle "Bäume". Maibäume hatte ich schon vor einer ganzen Weile, auf Exemplare für Kirchweih und Heirat bin ich auch schon gestoßen. Links haben wir eine neue Sorte, die eine Familie nach der Geburt ihres Nachwuchses aufstellt und mit Namen, Geburtstag und Babykleidung versieht. Das rechts vor der Kirche ist eine der vielen Gestalten die ein Maibaum annehmen kann, diesmal gehalten im bayrischen blau-weiß und geschmückt mit Wappen der umliegenden Ortschaften.

Und hier ein Plakat der Bayernpartei, die Bayern als eigenständigen Staat sehen will. Um den bayerischen Löwen sind Flaggen anderer Regionen Europas zu sehen, die sich durch eine gewisse Eigenständigkeit auszeichnen, sich kulturell und sprachlich vom Rest ihres Landes abheben. Beispielsweise Katalonien, Südtirol, Korsika oder Wales.
Mit meist weniger als 1% der Stimmen im Freistaat hat die Partei allerdings nicht ganz so viel Einfluss wie die CSU. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Probiert man es halt immer wieder.

Unten Werbung für einen Biergarten. Maßkrüge und Dirndl. Ausgesprochen wichtiges Kulturgut.





In der Abendsonne komme ich in Landsberg am Lech vorbei. Ziemlich hübsch hier, aber es soll noch ein Stückchen weiter Richtung Süden gehen. Auf einem Rasenstück neben der Bundesstraße heißt es dann: Ab ins Zelt und Müsli essen. Zum Glück hindert der Lärm irgendwie überhaupt nicht am Schlafen.

Tag 17 - Samstag, 23. August 2014
Und weiter der romantischen Straße nach Füssen folgen.

Interessant: Neben deutsch ist die Route auch auf japanisch ausgeschildert.

Dieser Kreideschriftzug auf der Tür rechts war in ganz Bayern immer mal wieder zu sehen. Der Sache liegt eine katholische Tradition zugrunde: Das Sternsingen. Hierbei ziehen als heilige drei Könige verkleidete Kinder oder Jugendliche in der Nachweihnachtszeit von Haus zu Haus und sammen Geld für wohltätige Zwecke. Nach dem Singen wird die Segensbitte 20*C+M+B+14 (so oder ähnlich) auf der Haustür hinterlassen. Die Zahlen richten sich nach dem jeweiligen Jahr, der Stern steht für den Stern von Bethlehem und die „+“ sind Kreuze. Die Buchstaben stehen für die Namen der Könige Caspar, Melchior und Balthasar, aber auch für „Christus mansionem benedicat“ (= „Christus segne dieses Haus“).

Kunst mit der Kettensäge: Am Rand des Radwegs steht eine Sammlung von Holzfiguren, alle mit eigenem Namen und einige mit Preisschildchen. Man kann mit sowas durchaus gut Geld machen.

Alles ist saftig grün... Im Gegensatz zum Böhmen mit seinen gelbbraunen Getreidefeldern ist der Allgäu voller Weiden für die Viehzucht.

Wo Kühe, da auch Käse: Ein echter Allgäuer musste mal sein. Und so langsam gibt es auch die ersten für die Alpenländer typischen Trinkwasserquellen zu sehen.

Nach etwas Hügelland gelange ich in eine Ebene und schließlich in den Ort Oberschwangau, welches sich auch als Dorf der Königsschlösser bezeichnet. Warum? Darum:



In gelb Schloss Hohenschwangau, in weißgrau das weltberühmte Schloss Neuschwanstein, Symbol der deutschen Romantik schlechthin. Nein, das ist keine mittelalterliche Burg. Viemehr handelt sich es um die idealisierte Vorstellung einer solchen, es wurde erst ab 1869 auf Initiative des bayerischen Königs und hoffnungslosen Romantikers Ludwig II. gebaut. Fertiggestellt wurde das Schloss erst nach seinem Tod.
Eines fällt an diesem Ort ganz besonders auf: Massentourismus. Ich höre so ziemlich alle europäischen Sprachen, es laufen Inder, Chinesen, Japaner und Araber rum. Der Weg zum Schloss ist mit Souvenirbuden gepflastert, unten gibt es einen großen Parkplatz für Reisebusse.

Innenhof des Schlosses.

Nach ausgiebiger Betrachtung fahre ich schließlich in der Abenddämmerung noch nach Füssen.

Dieses herrlich türkise Gebirgswasser...

Und wieder setze ich mich in einen McDoof, diesmal funktioniert das Wlan sogar. Was, nur 2 Stunden am Tag? Na ja, besser als nichts. Vorher noch schnell die Haare auf dem Behindertenklo waschen und aus Versehen die falsche Schnur ziehen, damit das Personal gerannt kommt. Peinlich. Aber auf der Herrentoilette wollte der Wasserhahn nicht so recht.

Als ich dann gemütlich Fotos sortiere, setzen sich zwei Mädels zu mir.
 "Was machst du denn hier so alleine um die Zeit?"
Ist schließlich Samstag, ziemlich spät am Abend. Ich erzähle ihnen, dass ich mit dem Rad aus Dresden hergekommen bin. Herrlich, diese ungläubigen Gesichter. Und plötzlich haben sie ganz viele Fragen. Ein Türke, den sie im Schlepptau haben, hat derweil andere Sorgen:
"Ey, was machst du meine Freundin an?"
Wat, ich sitze doch bloß rum. Sie schieben ihn zur Seite.
"Den haben wir gerade erst kennen gelernt. Nicht weiter beachten."
Ah.
"Komm, wir gehn!"
"Nein, das ist interessant, ich will das wissen."
Nachdem seine Strategie nicht so ganz aufgegangen ist, geht er dazu über, seine "Freundin" um die Tomaten in ihrem Salat anzubetteln. Erfolglos. Sie mag Tomaten. Schließlich verabschiedet er sich mit den Worten: "Man sieht sich immer zweimal im Leben!"
Okay, passt schon.

Die eine meint noch, ich soll doch später mit ins Big Apple kommen. Die angeblich schlechteste Disco Bayerns, muss man wohl gesehen haben! Und das Fahrrad würde ich schon sicher unterstellen können. Sie beschreiben den Weg und fahren schon mal rüber, ich packe meinen Kram zusammen und denke nach... Soll ich jetzt wirklich alleine dort hin? Kenne doch niemanden hier... und ich habe nichtmal anständig vorgeglüht, um zum Tanzen in der Lage zu sein. Urgh. Schließlich überwinde ich mich doch und suche den Laden.
Alles in Allem ganz nett, angenehme Atmosphäre. Hier kennt jeder jeden und relativ schnell verbreitet sich die Info, wer ich bin und wie ich hergekommen bin. Einer meint noch, ich könne notfalls bei ihm im Garten zelten, später ist er dann aber zu besoffen zum Kommunizieren. Seltsam: Irgendwie hat hier jeder zweite Kerl ein Käppi auf, muss wohl eine lokale Modeerscheinung sein...
Highlight des Abends ist auf jeden Fall ein Rollstuhlfahrer auf der Tanzfläche, der von den Mädels umhergewirbelt wird, sie auf dem Schoß sitzen hat und generell so gut in Bewegung ist, wie der Rest. Der Kumpel feiert eben genauo mit und wird am Ende der Veranstaltung auch selbstverständlich wieder die Treppen hoch zum Eingang gehieft.
Als alle gehen, gehe ich auch und lege mich nebenan auf irgendeinen überdachten Tisch, weil es mal wieder regnet.

Tag 18 - Sonntag, 24. August 2014
Ich wache auf und räume besagten Tisch, da dieser einer bald öffnenden Gaststätte gehört. Auf einem kleinen Flohmarkt im Ort hole ich mir nach einigem Überlegen und ein wenig Feilschen noch so einen typisch aplenländischen Seppelhut... sieht zwar affig aus, aber gibt ein nettes Andenken ab.

Hier noch das Etablissement, in dem ich einen Großteil der Nacht verbrachte.

Anschließend geht es weiter, diesmal Richtung Westen. Ich will nach Liechtenstein, was am einfachsten von Lindau aus erreichbar ist. Also raus aus Füssen und vorbei am idyllischen Weissensee.



Auf einer Alm etwas oberhalb grasen ein paar Kühe. Recht fotogen, die Ladys. Und ihre Gemütlichkeit ist irgendwie Ansteckend. Gefangen in ihrem Trott setze ich mich einfach für ein Weilchen ins Gras daneben und ruh mich aus, mit Seppelhut auf dem Haupt. Nach dem ereignisreichen Tag gestern eine gute Idee.


Die Kühe hauen rein.

Die Pferde im nächsten Dorf auch. Roßmoos heißt es und ist sehr hübsch, leider war das Licht zum Fotografieren vollkommen ungeeignet.

Sieht man Ende August immer mal wieder: Kürbis-Verkaufsstände am Straßenrand, ohne Verkäufer.

Nach ein paar weiteren Kilometern durch die sattgrüne Landschaft schlage ich schließlich das Zelt am bewaldeten Rand einer Schlucht auf.

Tag 19 - Montag, 25. August 2014
Verdammt, war die Nacht kalt! Vor Allem für die Füße. Die schattige Lage war wohl nicht so optimal gewählt. Wenn schon Waldrand, dann in Zukunft wenigstens ostexponiert, damit die Sonne das Zelt morgens aufwärmen kann und auch die ganzen kondensierten Wassertröpfchen schneller wieder verdunsten. Solche Kleinigkeiten lernt man halt erst unterwegs...
Wie auch immer: Gestern bin ich kaum vorwärts gekommen, also gilt es heute einige Kilometer gutzumachen. Volldampf voraus!

Ein typisches allgäuer Haus.

Gegen Mittag komme ich an einem verlassenen Fabrikkomplex vorbei, eingezäunt, halb verfallen und überwuchert von Pflanzen. Die Neugier packt mich... Eigentlich würde ich zu gerne da rein, erkunden, fotografieren. Das Thema Urban Exploring interessiert mich schon eine ganze Weile, allerdings werden die "Locations" in der Regel geheim gehalten, damit nicht jeder Depp zum Randalieren vorbeischaut. Am Anfang muss man schon selbst was finden. Insofern ist das eigentlich die Gelegenheit, aber ich muss doch weiter... Am Zaun hängen Plakate mit der Aufschrift "Mach dich bereit für dein Abenteuer!". Werbung für eine Ausbildung zum Straßen- und Tiefbauer, wirkt aber auch gleichzeitig irgendwie motivierend... Ach was soll's, rein da.

Blogpost: Ein wenig Urban Exploring


Und ich bereue nichts, es hat sich gelohnt. Zwei Stunden Erkunden und Knipsen später mache ich mich dann wieder auf den Weg, nur um kurze Zeit später wieder anzuhalten, diesmal an einem Supermarkt. Nach Liechtenstein ist ein Stück Schweiz zur Alpenquerung dran und das Land ist bekanntermaßen unverschämt teuer. Insofern macht ein "Großeinkauf" für 10€ hier durchaus Sinn.

Lokale Werbeplakate am Parkplatz.

Bevor ich den ganzen Kram in die Taschen einsortiere, breite ich die immer noch klitschnassen Zeltplanen über den Einkaufswagen aus, damit sie endlich mal trocknen. Gerade in Kombination mit einem vollbepacktem Fahrrad fällt man da ja schon irgendwie auf, ein älterer Herr spricht mich an:
"Haben Sie eine weitere Reise vor?"
Ich erzähle ihm von meiner bisherigen Route und wo ich herkomme.
"Dresden...", wiederholt er.
Der alte Mann wirkt nostalgisch.
"Frauenkirche..."
Habe ich irgendwelche Erinnerungen geweckt?
"Striezelmarkt..."
Er kramt in seiner Tasche.
"Sind Sie Student?"
Prinzipiell ja, Forstwissenschaften. Schreibe nur noch von unterwegs die Bachelorarbeit zu Ende.
"Ah, ein Naturbursche also? Hmm..."
Er lächelt und drückt mir einen 10€-Schein in die Hand. Gute Güte. Kann ich das einfach so annehmen?
"Sie können's doch gebrauchen."
Was soll's, ich freu mich wie ein Schneekönig. Damit hab ich genau das Geld vom Einkauf wieder rein. Und wenn ich mittags an der Fabrikruine einfach eilig weitergeradelt wäre, hätte ich auch das hier verpasst...

Weiter geht's durch die grüne allgäuer Hügellandschaft, man hört Kühe, ihre Glocken, Traktoren und sieht so allerlei Getier.



Es geht noch durch einen kleinen Zipfel Baden-Württembergs, bevor ich mich wegen Regens im nächstbesten Unterstand an der Hauptstraße wenige Kilometer vorm Bodensee schlafen lege. Mich kann zwar jeder Heinz hier sehen, aber es ist trocken und fühlt sich eigentlich ganz sicher an.

Tag 20 - Dienstag, 26. August 2014 (Teil 1)
Letzte Amtshandlungen vor der Grenze: Papier und Umschlag finden, um einen Brief nach Hause zu schicken. Mutter braucht einen Zettel mit Unterschrift für irgendwelchen Behördenkrams. Weiterhin werden im Supermarkt noch schwäbische Süßigkeiten und ein ordentliches teutsches Bier geholt, als kleine Minbringsel für Gastgeber oder sonstige nette Leute, die man so treffen könnte.

In Lindau treffe ich noch eine ältere Frau, die mit ein paar Broschüren auf der Straße steht: Eine Zeugin Jehovas. Sie ist ja sehr freundlich und sympathisch, aber mit ihrer für die Glaubensgemeinschaft typischen Weltsicht habe ich so meine Probleme.
Bald geht alles zu Ende!
Die Welt ist ja so schlecht!
Die Menschen sind so schlecht!
Überall Leid und Grund zur Trauer in dieser Welt!
Ich lasse die letzten Tage gedanklich Revue passieren und... Nein, irgendwie haut das nicht so ganz hin.

Im Regen geht es schließlich über die Grenze nach Österreich. Auf nach Liechtenstein und die Alpen überqueren! (Und in Zukunft kürzere Posts verfassen.)

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