Sonntag, 27. Dezember 2015

"Straßenverkehr" in Venedig

Hier nun der letzte Artikel zur Lagunenstadt. Ich hatte noch ein paar Schnappschüsse sowie ein Thema übrig, zu dem ich bisher noch nicht ausreichend schwadroniert habe.
Heute geht's um den Verkehr auf den Wasserstraßen Venedigs, der zwar nach eigenen Regeln funktioniert, aber dem Straßenverkehr auf festem Grund und Boden letzendlich gar nicht mal so unähnlich ist. Oder wie man so schön sagt: Es ist genauso, bloß anders.

Wer Autos nicht mag, wird Venedig lieben. Zwar gibt es eine stark befahrene Brücke, die vom Festland aus zum westlichen Stadtrand führt, aber abgesehen von den wenigen Straßen um den Piazzale Roma mit seinen Parkhäusern ist das ganze Stadtgebiet komplett autofrei. Nur zu Fuß kann man sich durch das riesige mittelalterliche Labyrinth aus Gassen, Plätzen und Brücken bewegen. Alles area pedonale. Damit ist auch Fahrradfahren eigentlich nicht erwünscht, würde aber bei den ganzen Brücken sowieso nicht viel Spaß machen...
Ein zweites, ebenso großes Labyrinth bilden die Kanäle. Manchmal verlaufen sie parallel neben den Fußwegen, aber sehr oft zweigen sie auch ab und suchen sich zwischen den Häusern ihre ganz eigenen Wege, die man als Fußgänger teilweise nie zu Gesicht bekommt. Nur von den Brücken aus erhascht man immer mal wieder einen Blick:




Und so schaut's aus, wenn man unten im Boot sitzt:




Neben all den kleineren Kanälen gibt es noch den Canal Grande, Venedigs Hauptverkehrsader, die in einer S-Kurve quer durch die Stadt verläuft. Hier herrscht eigentlich immer reger Betrieb. Vor allem die Vaporettos, die Wasserbusse fallen auf. Die funktionieren letztendlich wie normale Busse auch: Es gibt mehrere Linien, Haltestellen und natürlich brauch man eine Fahrkarte.

 Wasserbus Richtung Markusplatz

Schwimmende Haltestelle

 Im Bus, ausnahmsweise mal fast leer

Fahrkarte entwerten

Die Fahrkarten sind für Nicht-Venezianer ziemlich teuer. Eine Einzelfahrt (60min) kostet 7€...
Für Leute mit Studentenausweis gibt's aber ein Spezialangebot: Eine 3 Tage gültige Karte für 20€ (Stand 2014), mit der man auch noch die benachbarten Inseln der Lagune abklappern darf.

Neben den Wasserbussen fahren überall noch Taxis rum, auch in den kleineren Kanälen. Die sind wohl vor allem für Touristen da, die ins Hotel oder zur nächsten Sehenswürdigkeit wollen oder sich einfach nur hoffnungslos verlaufen haben. Polizeiboote sieht man gelegentlich auch. Überhaupt gibt es hier zu so ziemlich allen Gefährten des Festlandes ein seetaugliches Gegenstück:

Krankenwagen

Vorn ein Taxi

Paketdienst. Auch die Venezianer kriegen Post und die ganzen Läden müssen auch beliefert werden.

Baustellenfahrzeug auf dem Weg zum Einsatzort

Diese großen Holzpfähle sind in Venedig und Umgebung ziemlich wichtig und müssen regelmäßig (ca. alle 5 Jahre) ausgetauscht werden, da die Wasserlebewesen sie fleißig anfressen. Sie haben die verschiedensten Aufgaben:

Zum Boot festmachen am Parkplatz, ...

 ... außerorts zur Markierung wichtiger Punkte oder zur Orientierung ...

... und gelegentlich für Wegweiser und Verkehrszeichen. In der Stadt selbst werden die Schilder aber auch gern direkt an den Fassaden befestigt. Es gibt ziemlich viele, sie sind nur etwas kleiner als die normalen Straßenschilder und meist quadratisch. Lässt sich so besser anbringen.


Ampeln gibt's auch.

Und hier mündet eine Einbahnstraße in den Canal Grande.

Einbahnstraßen gibt es in Venedig ganz viele, die meisten Kanäle sind ganz einfach nicht breit genug. Auch ist die Geschwindigkeit stark begrenzt, vor Allem weil große Wellen dem alten Mauerwerk der Stadt nicht gut tun.
Diese Regeln werden natürlich auch kontrolliert. Inzwischen thronen über den Kanälen Radarfallen, die immer fleißig aufpassen. Auch diese Sorte interessiert sich für Nummernschilder, bei den zivilen Motorbooten sind sie an der Seite angebracht.

Aber natürlich sind nicht nur Motorboote unterwegs. Als erstes denkt man bei Venedig ja an die berühmten Gondeln:



Heutzutage werden sie neben den Regattas vor allem für Touristen verwendet. Die Gondolieri arbeiten oftmals direkt für Hotels, aber es gibt auch viele separate Anbieter, die an den Fußwegen auf Kunden lauern. Gondola gondola rufen die Herren in den gestreiften Shirts immer, und wenn sich ein paar Interessenten finden, wird gut Geld verdient. Mindestens 80€ kostet eine Fahrt für 35 bis 40 Minuten auf der üblichen Route, gegen Abend und nachts wird's in der Regel noch teurer. Immerhin können 5 Passagiere in einer Gondel Platz nehmen und sich in den Preis reinteilen.
Singende Gondolieri gibt es übrigens nicht, das ist eine Erfindung des Kinos. Das navigieren der Gondel ist schon anspruchsvoll genug, als dass man dazu noch ordentlichen Gesang abliefern könnte. Wer Glück und genug Geld hat, kann sich immerhin noch einen separaten Sänger für die Fahrt mieten, habe so einen in Aktion aber nur einmal gesehen.
Gondolieri sind traditionell immer Männer. Keine Undinen in Venezia... Obwohl, doch: Eine erste und bisher einzige weibliche Gondoliera konnte sich vor ein paar Jahren etablieren, aber wirklich durchsetzen wird sich die Idee in Naher Zukunft wohl nicht.

Es gibt noch eine dritte Verwendung für die Gondeln: Da über den Canal Grande nur wenige Brücken führen, werden die beiden Ufer noch durch einige Traghettos, kleine Personenfähren, verbunden. Die Anlegestellen sind in den Gassen auch ausgeschildert.
Touristen drücken dem Fährmann 2€ in die Hand, Venezianer nur 70ct. Erstere erkennt man oft daran, dass sie nach dem Einsteigen in die falsche Richtung schauen, weil sie noch nicht wissen, wie die Gondel wendet.



Ein Traghetto beim Übersetzen.

Zum Abschluss zeige ich euch noch einen Ort, den man als Tourist normalerweise nie zu sehen bekommt. Auch eine Wasserstraße kann mal durch ein paar Tunnel führen, in Venedig kommt das in dieser Art nur an einer Stelle vor. Die Tunnel sind viel zu niedrig, als dass eine Gondel oder ein Taxi sie passieren könnte. Nur die Einheimischen, die in ihren kleinen Motorbooten ganz flach über dem Wasser sitzen, kommen gerade so durch. Ein bisschen seltsam ist einem schon zu Mute, wenn man darauf zu fährt...




Der Tunnel füht in eine Art separaten "Raum" zwischen zwei Häusern, den man nur durch einen anderen Tunnel der gleichen Art wieder verlassen kann. Find ich persönlich ganz cool. :)

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