Freitag, 27. Mai 2016


Und wieder mal Ruinen auf meinem Blog... Nach dem bekannten Pompeji geht es diesmal um ein paar deutlich jüngere Geisterstädte.
Im November 1980 wurde Süditalien von einem Erdbeben erschüttert, das eine Stärke von 6,89 erreichte und ziemlich heftige Verwüstungen anrichtete. Einige der mit Vorliebe oben auf den Bergen errichteten Städte und Dörfer wurden so stark in Mitleidenschaft gezogen, dass ihre Bewohner sie verlassen mussten, um sich ein paar Kilometer weiter weg an einem sicheren Ort neu anzusiedeln.
Auf der einen Seite schade drum, zumal die Heimatorte mit ihrer verschachtelten Architektur oftmals echt hübsch gelegen sind. Auf der anderen Seite ist es aber auch interessant zu sehen, wie die Natur so langsam aber sicher alles zurückerobert. Und wann hat man denn schon mal die Gelegenheit, einfach so mir nichts dir nichts in jedes Haus einer Ortschaft hineinspazieren zu können?

Zwei solcher Orte habe ich auf meinem Weg durch die süditalienischen Berge besucht. Ich stelle sie kurz vor und bewerfe euch im Anschluss mit ein paar Bildern der alten Gemäuer, die wohl für sich sprechen dürften.

Romagnano al Monte 



Romagnano al Monte liegt ganz im äußersten Osten Kampaniens versteckt, und zwar mitten im Gebirge. Auch im intakten Zustand hätte der Ort auf seiner Bergkuppe sich wohl wunderbar als Fotomotiv geeignet. Hier gibt's bestimmt manchmal herrliche Stimmungen mit Nebel im Tal...
Heute bekommt davon aber kaum noch jemand was mit. Romagnano lag damals fast im Epizentrum des Erdbebens und nahm dadurch besonders viel Schaden. Da es Ende November in den Bergen relativ ungemütlich ist, wenn die Wand des Wohnzimmers plötzlich fehlt, und da es hier bei den ganzen Nachbeben alles andere als sicher gewesen sein dürfte, mussten sich die Bewohner in den umliegenden Ortschaften eine Bleibe suchen. Die Meisten haben sich letztendlich etwa zwei Kilometer weiter im modernernen Ariola niedergelassen.
Aber auch im historischen Ortskern wird langsam wieder gebaut und restauriert: Ich sehe ein paar recht frisch ausschauende Gebäude und einen Kran am Rande, höre es hämmern und klopfen. Der größte Teil wurde allerdings seit dem Beben nicht mehr angerührt und wird nach und nach von der Pflanzenwelt eingenommen.
Einen Abend und einen Morgen verbringe ich hier.



War das mal eine Haustür?

Ein seltsames Gefühl, durch diese überwucherten Straßen zu laufen...

 Du meine Güte.


Dieses Chaos war wohl mal eine Küche.

Die unteren Stockwerke sind teilweise in den Fels gehauen.

Gullys im Waldboden, der noch vor ein paar Jahrzehnten keiner war. Deckel freilich längst gemopst.

Romagnano im Licht der fahlen Morgensonne.

Craco



Auch Craco liegt auf einem Berg in durchaus ansehnlicher Umgebung. Von oben hat man einen weiten Blick auf die umliegenden Lehmberge der italienischen Badlands (Calanchi). Genau dieser Lehmboden wurde dem Ort aber auch zum Verhängnis: Schon in den Sechzigern gab es einen schweren Erdrutsch, nach dem viele Bewohner in eine sichere Sieldung ins Tal zogen. Im nächsten Jahrzehnt gab es dann eine Flut und spätestens als im Jahre 1980 auch hier die Erde wackelte, entschieden sich auch die letzten Verbliebenen, zu gehen.
Das heutige Craco Peschiera, in das die meisten damals geflohen sind, liegt fast 8 Straßenkilometer entfernt. Dazwischen gibt es kaum Menschen.

Immerhin sind in Craco ein paar Tiere anzutreffen: Freilaufende Ziegen zum Beispiel. Die haben zwar alle Glocken um den Hals und gehören wohl irgendjemandem in der Nähe, aber in dieser sonst menschenleeren Gegend ist so viel Platz, dass man sie einfach lässt, wohin sie wollen. Streunende Hunde gibt es auch, so wie praktisch im ganzen restlichen Süditalien. Die hier sind allerdings vergleichsweise friedlich.
Womit ich nicht gerechnet hatte, war eine Schar Hühner auf einem provisorisch eingezäunten Balkon... Ob sich hier ein kauziger Einsiedler niedergelassen hat? Ich habe jedenfalls niemanden angetroffen.


 


 Bäume sind stärker als Mauern.
  

Das war mal das Innere eines Hauses.

Altar in einem ganz unscheinbaren Gebäude.


Na sowas! Da beobachtet mich einer?

Die freilaufenden Ziegen auf Ruinentour.

Suchbild: Wo ist der Hund?



Die umliegende Landschaft der Badlands von Craco aus gesehen.

Craco dürfte wohl die bekannteste der italienischen Geisterstädte sein. Schließlich diente es schon als Kulisse für mehrere Filme, unter anderem dem James Bond-Titel Ein Quantum Trost.
Allerdings hat das Land noch viel mehr Geisterstädte als die zwei hier vorgestellten: Die italienische Wikipedia hat momentan eigene Einträge für 49 Stück, ingesamt sollen aber inklusive allen abgelegenen kleinen Dörfern wohl mehrere Tausend auf dem Stiefel verteilt sein. Die meisten davon im Süden. Immerhin wurde ein paar der schönsten inzwischen wiederbesiedelt, wie zum Beispiel das Künstlerdorf Bussana Vecchia in Ligurien. Was die Zukunft für Craco und Romagnano al Monte bereit hält, wird sich zeigen. Zumindest für ersteres gibt es inzwischen geführte Touren.

0 Kommentare:

Kommentar veröffentlichen

Gib deinen Senf dazu – auch ohne einen Account.